Die Stellungnahme von aktion Leben in der OTS: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211108_OTS0046/beihilfe-zum-suizid-gesetzesentwurf-zu-schwach

Wien (OTS) – „Der vorliegende Gesetzesvorschlag ist weit schwächer als auf den ersten Blick ersichtlich, denn er ermöglicht die straflose Beihilfe zum Suizid auch ohne Sterbeverfügung. Die Sterbeverfügung als Nachweis eines dauerhaften, freien und selbstbestimmten Entschlusses zur Selbsttötung wird dadurch ad absurdum geführt“, erklärt Dr. Johann Hager, Präsident von aktion leben österreich.

Assistierter Suizid ausschließlich mit Sterbeverfügung!

Der Entwurf für die Änderung des Strafgesetzbuchs sieht für die straflose Beihilfe zur Selbsttötung zwar u.a. die Bestätigung über die ärztliche Aufklärung vor, nicht aber die Sterbeverfügung. „Fehlt die Verbindung zwischen Sterbeverfügung und Strafrecht, so ist die straflose Beihilfe zum Suizid ohne nennenswerte Einschränkungen möglich.“ Es fällt die Bedenkzeit von zwölf Wochen bzw. zwei Wochen weg. Ebenso werden assistierte Selbsttötungen ohne Sterbeverfügungen kaum dokumentiert werden können. „Sterbeverfügungen nur zur Absicherung von Sterbehelfer:innen und zum Ausgeben von toxischen Substanzen zu errichten, bedeutet Sterbehilfe ohne Schutzmaßnahmen für Menschen in sehr verletzlichen, kritischen Phasen ihres Lebens zu etablieren!“, warnt Hager. 

Unannehmbare Lücke

Mit der Sterbeverfügung wird auch der freie Wille zur Selbsttötung und die Entscheidungsfähigkeit dokumentiert und neben zwei Ärzt:innen von einer dritten rechtskundigen Person bestätigt und in ein Register eingetragen. Das Ermöglichen der straflosen Beihilfe zur Selbsttötung allein mit der ärztlichen Aufklärung stellt eine unannehmbare Lücke in den Sicherungsmaßnahmen dar. „Ein Ziel der neuen Regelungen soll ja sein, den freien Willen eindeutig festzustellen und Menschen vor jedwedem Druck zum Suizid zu schützen. Dies war eine klare Vorgabe des Verfassungsgerichtshofes an den Gesetzgeber, die mit vorliegendem Entwurf unterlaufen wird“, kritisiert Hager. 

Erhebliche Schwächen in der Sterbeverfügung

aktion leben sieht auch erhebliche Schwächen in der Sterbeverfügung selbst: Die Definition der Krankheiten, bei denen den Betroffenen straflos Beihilfe zum Suizid geleistet werden darf, ist sehr weit gefasst. Sie würde auch erblindende Menschen erfassen sowie Diabetiker:innen, Asthmatiker:innen … „Wir weisen darauf hin, dass die Voraussetzungen zur Errichtung einer Sterbeverfügung so weit auslegbar sind, dass sie zu wenig Schutzwirkung entfalten können“, betont Johann Hager. 

Vorgesehene Kontrollinstrumente sind zu wenig

Auch das unzureichende, weil nicht umfassende Werbeverbot und eine nur sehr fragmentarischen Kontrolle mangels umfassender Datenerhebung und Begleitforschung seien deutliche Schwächen im Sinn der vom VfGH eingeforderten Sicherungsinstrumente zur Verhinderung von Missbrauch. 

Wichtige Forderungen

  • Die wichtige medizinische Aufklärung muss um die verpflichtende psychosoziale Beratung ergänzt werden. Diese soll über alle verfügbaren Hilfen zum Leben informieren und in der Lage sein, sie auch rasch bereitzustellen. Hier ist auch die öffentliche Hand gefordert.
  • Das Vorliegen einer Sterbeverfügung muss ausnahmslos in jedem Fall Voraussetzung für den straflosen assistierten Suizid sein.

Der vorliegende Entwurf muss umfassend adaptiert werden, in der jetzigen Form lehnen wir ihn ab“, schließt aktion leben-Präsident Hager.

Die Stellungnahme von aktion leben österreich ist demnächst auf parlament.gv.at öffentlich einsehbar. „